Aktien vs. Gold

Warum Aktien und Gold steigen

Von Alexander Metzger
Geschäftsführer
31.07.2020
9 min

Vergleichbar mit den zwei Bisons, duellieren sich momentan auch die Aktienmärkte und der Goldpreis. Angesichts der prekären Covid-19-Lage, welche unmöglich einzuschätzen ist, war es vorher nicht zu erwarten. Von den meisten zumindest nicht. Aktienmärkte markieren nahe an ihren Höchstständen oder haben diese bereits übertroffen und der Goldpreis hat das Hoch aus dem Jahre 2011 rausgenommen. Das zeigen die aktuellen Entwicklungen an den Märkten. Dass das nicht normal ist, kann sich ein jeder Anleger denken, der schon länger an der Börse aktiv ist.

Kennen tut es ein jeder Anleger folgendermaßen:

  • Steigen die Aktienkurse – sinkt der Goldpreis
  • Sinken die Aktienkurse – steigt der Goldpreis

Ein anderer Blickwinkel aus der Statistik bekräftigt dies. Statistisch betrachtet sind Sommermonate die stärkeren für Rohstoffe und die schwächeren für Aktien. So zumindest in der Theorie…

Natürlich ist das eine vereinfachte Darstellung und es gibt noch andere Thematiken wie Politik, Zinsen- und Währungsentwicklungen, die beide Entwicklungen beeinflussen. Jedoch ging es mir lediglich um den grundlegenden und vereinfachten Zusammenhang an dieser Stelle.

Aber was ist heutzutage schon normal? Corona – natürlich nicht. Hat man das kommen sehen? Auch nicht. So ist nun mal die Welt in der wir leben. Aber langsam scheint es in der Bevölkerung angekommen zu sein und akzeptiert zu werden. Sie sollten sich daher als Anleger immer wieder auf Überraschungen (positive als auch negative) einstellen und somit auf irrationale und überproportionale Kursbewegungen. Vorhersagen kann diese keiner, aber vorbereiten darauf kann sich jeder. Entweder durch eine höhere Cashquote (passives absichern) oder durch Hedgen (aktives absichern).

Dass die globale Weltwirtschaft auf eine Rezession zusteuert lässt sich nicht nur an den Goldpreisen der Londoner Börsen ablesen. Im Juli kletterte der Preis je Feinunze (31,1 Gramm) auf über 1950 Dollar und sorgte für ein zusätzlich charttechnisches Kaufsignal. Auch der Silberpreis hat sein Hoch aus dem Jahre 2013 rausgenommen. Nicht zu vernachlässigen ist ebenfalls die steigende Arbeitslosenquote in Amerika. Erschreckende Entwicklungen am Goldmarkt möchte man meinen. Denn Rohstoffe gelten als Fluchtmetall in unruhigen Zeiten, gerade deshalb, da Gold nicht beliebig vermehrt werden kann. Wenn daher die wirtschaftlichen Aussichten düster sind, werden diese sicheren Häfen angesteuert.

Quelle: www.onvista.de

An sich stellt Gold für Anleger den Fels in der Brandung dar und soll für den Fall einer schweren Krise als Absicherung gelten. Für generelles Wachstum ist Gold nicht geeignet, da sich der Preis lediglich aus Angebot und Nachfrage bildet und nicht von innen heraus, wie ein Unternehmen, wachsen kann. Somit ist Gold eine Wette auf die Zukunft, ob mehr Leute es haben möchten als es verkaufen wollen. So einfach. Der mentale Vorteil gegenüber Geld – das Vertrauen in Gold wurde bisher noch nie verloren, im Gegensatz zu einigen Währungen.

Selbst die erste Welle ist global an einigen Orten der Welt noch im Gange und wird versucht einzudämmen. Bisher erfolglos. Beste Beispiele liefern da Amerika, Brasilien als auch Indien. Daran ist auch gleichzeitig zu erkennen, dass westliche Länder nicht unbedingt einen Vorteil bei der Bekämpfung gegenüber Entwicklungsländer haben. Hauptaugenmerkmal zur Eindämmung ist eine passende Strategie und das zielstrebige Umsetzen dieser.

Verständlich, dass also der Goldpreis in schwindelerregende Höhen klettert, wenn auch die Angst vor einer zweiten Welle in den, nennen wir es mal „stabilen“ Regionen, immer größer wird und die Folgen der Konjunktur und die Auswirkungen auf die Psyche der Menschen keines Wegs absehbar sind. Somit entwickelt sich der Goldpreis auf den ersten Blick nach der Logik, welche in Lehrbüchern beschrieben wird. Das verwirrende ist jedoch, dass auch die Aktienmärkte seit dem Corona-Tief im März, sich deutlich erholt haben. Als Beispiel habe ich den S&P 500 herangezogen, da er als Referenz für die weltweiten Aktienmärkte gilt.

Quelle: www.google.de

Steigende Aktienmärkte und ein steigender Goldpreis – diese Kombination allerdings kennen wir aus den Lehrbüchern nicht. Was ist daher die Erklärung bzw. was kann diese parallele Entwicklung erklären? Dafür gibt es gleich mehrere Gründe bzw. kausale Zusammenhänge.

Geldflut

Der Hauptgrund ist wohl das unglaubliche Eingreifen der Zentralbanken weltweit, um das Finanzsystem zu schützen und folglich die Aktienmärkte zu stützen. Z.B. erhöhte die Federal Reserve ihre Bilanzsumme mit einem Knopfdruck um etwa 50%. Das ist einmalig in der Geschichte. Da kann sich jeder vorstellen, dass der Dollar seinen Wert verhältnismäßig verlieren wird. Das spiegelt sich mittlerweile auch im Wechselkurs zum Euro. Zusätzlich schnürten viele Staaten finanzielle Hilfspaketen für die Eindämmung der Pandemie und für das Unterstützen von Unternehmen. Einfach ausgedrückt – Milliarden wurden/werden gedruckt und in das System gepumpt.

Inflation (durch Geldflut)

Eine Folge aus der Geldflut kann die Inflation sein. Das Geld verliert an Wert. Klar – durch das einfache Drucken entsteht eben nicht ein direkter Gegenwert. Das Geld sucht sich deshalb einen Weg und einen Ort, an dem es zumindest versucht sich zu erhalten. Da ist eben in einer Krise die erste Idee Rohstoffe in Form von Gold oder Silber. Im zweiten Quartal 2020 sind unheimliche Mengen an Geldern in Gold-ETFs geflossen (mehrere 100 Tonnen). Dies entspricht einer größeren Menge als in der Finanzkrise 2008. Dabei landen wir hier bei dem Stichwort Nachfrage. Diese ist momentan deutlich höher als das Angebot und das katapultiert schließlich den Goldpreis nach oben. Je höher diese Differenz, desto schneller steigt der Goldpreis. Auch die kleinen versuchen im großen Stile Gold zu beschaffen.

Quelle: Eigene Fotografie

Selbst der Goldhändler von nebenan sucht dringend neue Mitarbeiter für den Goldankauf. Hier ein Bild aus der Aalener Innenstadt. Eine besonders hohe Nachfrage zeigt sich in den USA, da die Pandemie noch nicht im Griff zu sein scheint und ebenfalls auf den sinkenden Dollar Wechselkurs zurückzuführen ist. Schlimmstenfalls könnte es auch zu einer Stagflation kommen, welche mit einer steigenden Arbeitslosenquote (durch Corona) und steigenden Preisen (durch Geldflut) einhergeht.

Niedrigzins

Der dauerhafte Niedrigzins, den wir fast weltweit haben, sorgt für Unzufriedenheit der Sparer. Vor allem fühlt sich der deutsche Sparer enteignet. Wobei die Lösung doch so einfach wäre. Durch die fehlenden Alternativen bleibt für mich daher als erste Anlaufstelle die Investition in Aktien. Die sinnvollste Geldanlage für Sachwerte. Nach dem panikartigen Abverkauf der Aktien im März realisierten viele, dass diese spontane Reaktion zu heftig war und neue Anleger, die bereits seit Jahren an der Seitenlinie standen, waren bereit für Ihre Investmentchance. Stichwort Robinhood-Broker – die Neuanmeldungen in Amerika schossen in die Höhe. Bis Mai hatten sich innerhalb 5 Monaten mehr als 3 Millionen neue Anleger registriert und trieben neben der Geldflut die Aktienkurse so wieder schnell hoch. So schnell konnten die institutionellen Anleger gar nicht schauen. Die sogenannte V-Förmige Erholung ist tatsächlich eingetreten. Hier ein Beispiel mit der Aktie von Tesla. In Grün wird die Anzahl der Anleger wiedergegeben und in Rosa der Verlauf des Aktienkurses.

Quelle: www.robintrack.net

Robintrack ist eine Webseite, welche die Anzahl der Käufer dieser bestimmten Aktie über den Aktienkurs legt. Dabei spielt die Investitionssumme und die Strategie keine Rolle. Damit ist nachzuvollziehen, wie sich die Anzahl der Neuanleger zu Beginn und während der Corona-Krise weiter nach oben entwickelt haben. Tesla diente hier lediglich als Beispiel, um auch gleichzeitig die V-Förmige Erholung bei Technologie- und Softwareunternehmen aufzuzeigen. Ja, Tesla ist ein Softwareunternehmen. Bei Microsoft, Apple oder Netflix sehen Sie ebenfalls diese parallelen. Ganz anders ist es bei der Industrie und bei Fluggesellschaften. Die Anzahl der Anleger haben sich ebenfalls erhöht, jedoch hat der Aktienkurs keine V-Förmige Erholung an den Tag gelegt. Das zeigt uns ein Screenshot von General Electric.

Quelle: www.robintrack.net

Die App von Trade Republic ist das deutsche Pendant zu Robinhood. Manche Indizes haben mittlerweile sogar ihr Vorkrisenniveau erreicht oder sogar übertroffen. Unfassbar wenn man 3 Monate zurückdenkt. Kommen wir nun zu einem weiteren Grund für steigende Aktienmärkte.

Pandemie (Krise) beflügelt bereits bestehende Prozesse

Bestehende Entwicklungen werden durch Krisen nicht nur verstärkt, sondern auch noch beschleunigt. Es ist sozusagen ein Katalysator für bereits bestehende Prozesse. In diesem Fall alles, was mit IT zusammenhängt. Künstliche Intelligenz (KI), Industrie 4.0, Cloudservice, Cybersecurity, Onlineshopping, usw… Deshalb, wie bereits erwähnt, entwickeln sich die Aktienkurse von Unternehmen wie Tesla, Apple und Co. überdurchschnittlich.

Weitere Beispiele liefern uns hier das E-Commerce-Unternehmen JD.com und das Cyber-Softwarehaus Cloudflare. Ich habe hier bewusst zwei eher unbekannte Unternehmen erwähnt, um einen Blick über den bekannten Tellerrand zu wagen. Übrigens sind das auch zwei meiner Favoriten.

Wenn wir das aus der Perspektive dieser beiden Unternehmen betrachten, sehen wir nur eine kleine Delle Im Chartverlauf März 2020. Finanziell gesehen, kommt für diese Art von Aktiengesellschaften, die Pandemie zum richtigen Zeitpunkt. Denn diese Geschäftsmodelle werden nicht direkt von der Pandemie getroffen und lockten nach dem Abverkauf mehr Investoren als andere Branchen an. So ist der Performanceunterschied kurzfristig zu erklären.

Auch die bekannten Unternehmen wie Apple, Microsoft und Google stellen bei der Kurserholung keine Ausnahme dar. Bestes Beispiel ist das Unternehmen Apple, welches hervorragende Quartalszahlen (Q2) mitten in der Krise veröffentlicht hat und die Aktie an diesem Tag um knappe 10% gestiegen ist. Das waren über 100 Mrd. € an Börsenwert mehr an nur einem Tag. Das ist mehr als der komplette Unternehmenswert von der deutschen Siemens AG.

Quelle: www.google.de

All diese Onlineunternehmen haben zusätzlich in ihren Indizes die höchste Gewichtung. Daher gaben sie die Richtung vor, andere IT-Unternehmen folgten und zogen schließlich auch die anderen Branchen mit. Nicht nur der S&P 500, sondern auch der Nasdaq 100 gelten als Referenz für die weltweiten Aktienmärkte. Diese haben in den letzten Monaten deutlich nach oben geschoben und ein starkes positives Momentum (Schwungkraft des Aktienkurses) entwickelt. Folglich orientiert sich auch die Entwicklung der weltweiten Aktienmärkte daran. Und wenn erstmal ein positives Momentum im Markt vorhanden ist, geht es auch nicht mehr so schnell weg. So simpel es auch klingen mag werden einfach mehr und mehr Investoren angezogen.

Und genau aus all den oben erwähnten Gründen und Zusammenhänge könnte die Rallye beider kontroversen Anlageklassen auch erstmal so weitergehen. Das viele billige Geld sucht eben in einer kritischen Phase wie dieser solide Plätze. Somit sind die parallelen Entwicklungen auf den zweiten Blick gar nicht so schlimm wie es auf den ersten Blick zu sein scheint. Ob das auch Nachhaltig ist werden wir erst später erfahren.

Da außerdem die institutionellen Anleger verhältnismäßig eine geringe Investitionsquote aufweisen, spielt es dem Boom ebenfalls in die Karten. Diese lauern weiterhin auf Einstiegsgelegenheiten. Der Grund: Institutionelle Anleger machen ihre Investitionsquote abhängig vom VaR. Wird ein bestimmter Wert erreicht, so muss die Aktienquote reduziert werden. Ob diese es für sinnvoll halten oder nicht. Deshalb wurde von vielen Portfoliomanagern die Aktienquote reduziert. Dies war und ist rational betrachtet eine der schlechten Vorgehensweisen. Dasselbe gilt für Robo advisor, wobei dort alles vollautomatisch abläuft. Jetzt gilt es die Aktienquote wieder aufzustocken, bevor die Kurse davonlaufen. Somit wird von diesen momentan die Strategie Buy the Dip (einsteigen bei fallenden Kursen) höchstwahrscheinlich verfolgt.

Was lernen wir daraus? Oft ist es in schwierigen Zeiten besser die Füße still zu halten und nichts zu tun. So zumindest meine bisherige Erfahrung. Deshalb ist es auch besser seine Geldanlage selbst in die Hand zu nehmen und nicht anderen zu überlassen. Sie gehen ja auch schließlich auch selbst für Ihr Geld arbeiten.

Der große Unterschied zur Finanzkrise 2008 und warum es bei Covid-19 2020 so eine schnelle Erholung der Aktienmärkte geben musste, ist die Richtung, aus welcher die Ursache stammt. Während der Zusammenbruch 2008 systembedingte Gründe hatte und von innen verursacht wurde (aufgrund von faulen Krediten), ist durch Covid-19 ein exogenes Ereignis aufgetreten und hat das System von außen getroffen und hat die weltweiten Aktienmärkte noch nie so stark fallen lassen wie in diesem kurzen Zeitraum. Eine schnelle Erholung war zu erwarten. Dies kann aus dem Artikel vom März 2020 entnommen werden.

Erklärung: Von innen lässt sich ein System immer schwieriger reparieren als von außen. Jedoch ist die Reparatur nachhaltiger. Auch deshalb gab es nach der Finanzkrise einen über 10-Jährigen Bullenmarkt. Von außen lässt sich das deutlich schnell flicken, jedoch bleibt es anfällig für weitere solcher Angriffe. Mein Verstand und meine Erfahrung sagen hier, der jetzige Bullenmarkt wird heftiger aber dafür kürzer ausfallen als nach der Finanzkrise.

Gedankenspiel

Hätte sich es bei dem Virus um einen Virus im Netz gehandelt, wäre es ganz anders gekommen und die Konsumgüter und Nahrungsmittelhersteller hätten Kursexplosionen gefeiert. Also die Unternehmen, welche die geringste Korrelation mit dem Internet aufweisen. Genau deshalb ist ein Virus nicht gleich ein Virus und an der Börse 1 + 1 nicht = 2, sondern 3 – 1.

Fazit

Mit Corona hat niemand langfristig rechnen können und somit sind alle Regeln und Statistiken nicht viel wert, wenn sie genau dann eintreten, wenn Sie als Anleger gerade aktiv sind. Daran kommen Sie als langfristig orientierte Anleger nicht vorbei. Die Wirtschaft wird immer wieder Rückschläge erleiden, ob intern verursacht oder durch externe Effekte angegriffen. Helfen tut bei solchen Situationen am besten der reine Menschenverstand. Unterstützen kann Sie dabei unser Aktienscanner. Jede Situation am Markt ist neu und muss daher auch neu bewertet werden. Sie kann nicht mit ihrer vorläufigen verglichen werden. Denn jeder Moment ist einzigartig und sollte jedem stets bewusst sein. Aufpassen sollten Investoren momentan vor allem bei den Unternehmen aus der Brache der Biotechnologie. Warum? Das erfährt Ihr im nächsten Artikel.

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Alex Metzger

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